TTC Lampertheims Vorsitzender Uwe van gen Hassend rechnet mit einer spannenden Drittliga-Spielzeit und peilt Platz unter den ersten Fünf an
Schon 2018 hatte TTC-Vorsitzender Uwe van gen Hassend von der „erfolgreichsten Saison aller Zeiten“ gesprochen. In der abgelaufenen Runde setzte das erste Herrenteam des TTC Lampertheim noch einen drauf und wurde Vizemeister der 3. Bundesliga Nord. Im Interview mit dem „Südhessen Morgen“ spricht van gen Hassend über die Entwicklung des Tischtennis-Clubs und erklärt, warum der TTC nicht zwingend in die 2. Liga will.
Herr van gen Hassend, die vierte Saison in Liga drei steht bald bevor. Ist der TTC Lampertheim denn ein etablierter Drittligist?
Uwe van gen Hassend: Im ersten Jahr waren wir Abstiegskandidat und sind Achter geworden, im zweiten Jahr haben wir den fünften Platz erzielt. Jetzt sind wir etwas überraschend Vizemeister geworden. Wir haben also eine stetige Entwicklung gesehen und die Mannschaft immer besser aufgestellt. Gut aufgestellt sehe ich uns auch für das vierte Jahr, aber die anderen schlafen nicht. Da sind extrem finanzkräftige Teams wie Hertha BSC, Union Velbert, der Mega-Aufsteiger TTC Champions Düsseldorf – da können wir gar nicht mithalten. Um Ihre Frage zu beantworten: Ja, wir gehören mittlerweile fest dazu. Die weiten Fahrten ärgern uns manchmal, aber uns macht diese Liga auch einen Haufen Spaß.
Hätte es denn die Möglichkeit gegeben, in die Süd-Gruppe zu wechseln?
Van gen Hassend: Nein. Das ist von Seiten des Tischtennis-Bunds nicht möglich, weil die Landesverbände klar den Nord- und Südgruppen zugeordnet sind. So gehört Hessen zur Nordgruppe, während Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz oder das Saarland zum Süden zählen.
Achter, Fünfter, Zweiter: Die nächste Steigerung würde in die Zweite Liga führen…
Van gen Hassend: Dass wir eine sensationelle Saison gespielt haben mit vier Minuspunkten in der Vor- und zwei in der Rückrunde – keine Frage. Das war aber das absolute Limit. Man muss fairerweise sagen, dass es etwa Hertha schleifen gelassen hat, als der Aufstieg nicht mehr möglich war. Vielleicht waren wir gar nicht die zweitbeste Mannschaft, vom Teamspirit und von den Doppelkombinationen waren wir aber top. Das muss sich jetzt neu finden. Es wäre deshalb unfair, unserer neuen Mannschaft Druck aufzubauen. Ob der Funke wieder überspringt, kann ich Ihnen sagen, wenn wir in der Rückrunde auswärts spielen und zwei Zuschauer mitfahren – oder eben 20. Die Zuschauer merken, wenn da eine geile Truppe an den Tischen steht und kämpft.
Wie schwer wiegt der Abgang von Spitzenspieler Andrei Putuntica?
Van gen Hassend: Dass Andrei mit 19 Jahren den nächsten Schritt machen will, ist verständlich. Mit ihm ist einer gegangen, der immer für Stimmung gesorgt und die anderen gepusht hat. Total ehrgeizig, total emotional – so einen hat man nicht immer.
Was ist von den Neuzugängen zu halten?
Van gen Hassend: Wir haben mit Dmitry Zakharov eine neue Nummer drei. Er hat in der Rückrunde in Wöschbach in der 3. Liga Süd im Spitzenpaarkreuz gespielt. Er lebt und trainiert in Deutschland, ist sehr engagiert und mit 25 Jahren schon ein bisschen erfahrener. Wenn er einen guten Tag hat, kann Dmitry hinten jeden schlagen. Auf Position zwei haben wir Andrey Semenov, der vom Zweitligisten 1. FC Saarbrücken II kommt. Nachdem er dort im hinteren Paarkreuz gespielt hat, wird er bei uns im Spitzenpaarkreuz sicher anders beäugt. Andrey ist kein Andrei Putuntica, der Wahnsinnsbälle am Tisch spielte, aber ein Mann mit einem sehr guten Aufschlag und einer, der ein Spiel gut lesen kann. Ich bin überzeugt, dass Andrey ordentliche Leistungen abliefern wird. Unser 17-jähriger Ersatzmann, der Mexikaner Dario Arce, lebt und trainiert in Spanien. Er will sich über unser Verbandsliga-Team für Einsätze in der ersten Mannschaft empfehlen und soll diese auch bekommen.
Was ist also drin für den TTC in der Saison 2019/20?
Van gen Hassend: Unser Ziel ist ein Platz unter den ersten Fünf. Ich glaube nicht, dass wir viel schlechter sind als im vergangenen Jahr, aber die Liga ist deutlich stärker, die Spiele werden spannender sein. Wir sind realistisch: Das Wort Aufstieg nehmen wir gar nicht erst in den Mund. Die Plätze eins bis drei sind im Prinzip reserviert. Allerdings glaube ich, dass wir so aufgestellt sind, dass wir vier Teams ganz sicher hinter uns lassen werden, wenn unsere Spieler ihr Leistungsniveau erreichen.
Ist die 2. Liga überhaupt erstrebenswert?
Van gen Hassend: Wir sind schon stolz darauf, Tischtennis-Bundesligist zu sein. Natürlich träumt man von der 2. Liga, wenn man Zweiter war. Natürlich sieht man die viel kürzeren Fahrtwege nach Mainz, Saarbrücken, Leiselheim oder Stuttgart. Für die 2. Liga müssten wir aber uns noch mal richtig verstärken – und das würde nur mit viel mehr Geld gehen. Die Spieler dafür zu kriegen, ist nicht das Problem. Aber es müsste alles passen. Wenn man es versucht und es nicht klappt, steht man schnell vor einem Scherbenhaufen.
Das Herrenteam hat wahre Tischtennis-Spektakel gezeigt, teils waren 140 Zuschauer und mehr in der Sedanhalle. Zeigt sich die Euphorie in Form neuer Sponsoren?
Van gen Hassend: Ein paar kleinere Werbepartner sind dazugekommen, unser Trikot ist voll vermarktet. Wenn man an die Regionalliga-Zeiten denkt, haben wir unseren Zuschauerschnitt verdoppelt. Aber ohne private Investitionen und Gönner, die uns Fahrtkosten bezahlen, könnte der Verein das alles gar nicht stemmen.
Das Interview wurde telefonisch geführt und Uwe van gen Hassend zur Autorisierung vorgelegt.
© Südhessen Morgen, Mittwoch, 31.07.2019