Mit einem fulminanten 6:0-Kantersieg feiert der TTC Lampertheim die Herbstmeisterschaft in der 3. Bundesliga Nord.
Rogelio Castro hatte seine Nerven im Griff. Er setzte sich knapp in fünf Sätzen durch
Wenn ein Spitzenspiel im Tischtennis eindeutig ausgeht, kommen Fragen auf. War der Verlierer ersatzgeschwächt? Waren Leistungsträger außer Form? Nach dem 6:0-Kantersieg des TTC Lampertheim bei Eintracht Frankfurt war aber schnell klar: Die Wahrheit liegt beim Siegerteam. Die Gäste ließen quasi gar nichts anbrennen – und sicherten sich so die Herbstmeisterschaft in der 3. Bundesliga Nord.
„Was die Jungs gezeigt haben, war brutal. Wahnsinn“, sagte Uwe van gen Hassend nach einem Erfolg, den niemand in dieser Deutlichkeit erwartet hatte. Die Erklärung des TTC-Vorsitzenden ließ wenig Raum für Spekulationen: „Unsere vier Spieler waren auf den Punkt topfit. Alle haben einen Sahnetag erwischt.“
TTC Lampertheim überrennt die Eintracht – auch auf den Rängen
Dass beim Tabellendritten aus Frankfurt (jetzt 11:7 Punkte) Spitzenspieler Dennis Dickhardt fehlte, war für van gen Hassend nicht entscheidend: „Die Eintracht hat eine Fünfertruppe, die Spieler wechseln sich ab. Mit Dickhardt wären sie vorne etwas stärker gewesen. Aber was wir im Doppel abgepfeffert haben, war mit das Beste, was ich in dieser Saison in einem Doppel gesehen habe.“
Als die Fußballprofis der Eintracht in der vergangenen Woche beim FC Barcelona gastierten, wurden Erinnerungen an die hessische Fan-Invasion in der katalanischen Hauptstadt 2022 wach. Am Sonntag übernahm der TTC-Tross das Kommando in der Niddahalle. „Knapp 100 Zuschauer waren da. 53 waren aus Lampertheim“, merkte van gen Hassend an. Noch stolzer als der 50er-Bus, der die TTC-Herren nach Frankfurt begleitete, macht den 64-Jährigen das Band, das zwischen Mannschaft und Anhang besteht. „Als unsere Fans in die Halle kamen, haben unsere Spieler ihr Aufwärmprogramm unterbrochen und jeden einzelnen Zuschauer abgeklatscht“, holte van gen Hassend aus: „Die Stimmung war das ganze Spiel über grandios. Ich glaube, selbst in der TTBL müsste man eine Weile nach etwas Vergleichbarem suchen.“
Locker aber fokussiert: Das Team des TTC bei der Begrüßung in Frankfurt
Angespornt von dieser Unterstützung legten die TTC-Doppel los wie die Feuerwehr. Marc Gutiérres und Rogelio Castro entschieden das Spitzenduell gegen Jens Schabacker/Luka Fucec klar für sich. Auch Timothy Falconnier/Milo de Boer waren gegen Jörg Schlichter/Christoph Waltemode nach drei Sätzen durch. „Was wir im Doppel abgeliefert haben, hat unsere Zuschauer von den Sitzen gerissen“, meinte van gen Hassend, der sonst immer um sachliche Analysen bemüht ist: „Unsere Doppel haben treffsicher, fast fehlerfrei und mit so viel Offensivpower gespielt. Wir haben Frankfurt förmlich überrannt.“
Dass die Eintracht keine B-Truppe an die Tische geschickt hatte, zeigte sich in der Einzelphase. Zwar stellte TTC-Spitzenmann Gutiérres (3:0 gegen Schabacker) locker auf 3:0. An Position zwei brauchte Castro aber ein starkes Nervenkostüm gegen Schlichter. Satz fünf ging in die Verlängerung. Am Ende brachte „Roger“ ein 13:11 und die 4:0-Führung ins Ziel – sehr zur Freude des Gästeanhangs, der jede gelungene Aktion frenetisch zelebrierte. „Da war die Stimmung auf dem Höhepunkt“, berichtete van gen Hassend.
Nach dem 5:0 durch Falconnier (3:1 gegen Waltemode) machte de Boer mit einem 15:13 im fünften Satz gegen Fucec den Deckel drauf. Der 21-jährige Niederländer führte mit 10:9, konnte diesen Matchball aber nicht verwandeln – und musste kurz darauf drei Matchbälle abwehren. „Da waren tolle, richtig lange und spektakuläre Ballwechsel dabei“, sprach van gen Hassend vom „besten Spiel, das ich in dieser Saison im hinteren Paarkreuz gesehen habe“.
Späte Aufstiegsentscheidung beschäftigt TTC Lampertheim
Mit dem 6:0-Endstand lieferte de Boer auch den Beweis: Das Nervenkostüm der vor der Saison neu zusammengestellten Mannschaft des Zweitliga-Absteigers hält auch Spitzenspielen stand. „Das hat gar keine Rolle bei uns gespielt“, befand van gen Hassend, der im Vorfeld der Partie noch Zweifel geäußert hatte („Unser junges Team hatte noch nie so ein Spiel“).
Die TTC-Herren verabschieden sich mit einer fast perfekten Ausbeute von 17:1 Punkten in die Winterpause. Die Rückrunde beginnt am 17. Januar gegen den Sechsten TuS Celle. Das wohl entscheidende Duell um die Meisterschaft steigt erst am 11. April: Dann gastiert der TTC bei Union Velbert II (16:2 Punkte). Velbert will sich angesichts des drohenden Abstiegs aus der 2. Bundesliga mit seiner „Zweiten“ in Stellung bringen – und legt im Winter personell nach. Dass vieles nun auf ein langes Kopf-an-Kopf-Duell mit Velbert II hindeutet, schmeckt dem TTC nicht: „Wir werden wohl wieder erst spät wissen, in welcher Liga wir nächste Saison spielen werden.“
Quelle: Südhessen Morgen

